Mit Gold repariert

Miku Sophie Kühnels feinsinniger Debüt-Roman, besprochen von Martin Piekar

Vier Menschen, ein Haus am See in der Uckermark, ein Wochenende. Ein Paar: Max, der Archäologieprofessor und Reik, der Künstler, sind seit zwanzig Jahren zusammen und diese Art Paar, das seine besonderen Tage am liebsten abseits feiert und auch ohne viele Menschen. Ihr guter Freund Tonio (Reiks Ex) und seine Tochter Pega (studiert bei Max) sind ebenso eingeladen.

In diesem Buch wird ein ganzes Wochenende ausgebreitet, ein Wochenende, das das Paar gerade feiern sollte, laut Meinung aller anderen, denn die gleichgeschlechtliche Ehe wurde soeben erlaubt. Doch das Paar erinnert sich an den Verlauf der ganzen Beziehung bis es zur Frage gelangt: Wie geht es weiter? Das Verlangen der jeweiligen Personen wird aus der Innensicht sehr geerdet beschrieben und in Dialogen flammen die Persönlichkeiten auf; ein Wechsel zwischen kühlem Innen und stets heißer werdendem Außen (bei mir meist andersrum…irgendwie…glaube ich). Tonio und Pega sind nicht nur stille Beobachter*innen, doch ob sie etwas verändern, das weiß ich noch nicht. Ich grübele noch. Jedenfalls heißt Kintsugi in Japan die Kunst, gebrochene Töpferware mit Gold zu reparieren und damit die Bruchstellen zu betonen, statt sie zu verstecken.

Der Roman besteht aus vier großen Kapiteln, in denen jeweils die Sicht eines Protagonisten, einer Protagonistin beschrieben wird und da merkt man, wie fein das Gespür der Autorin für Charakterzüge und Sprachgebrauch ist. Als sie in Frankfurt zur Shortlist des Buchpreises las, hörte ich in der Pause zwei ältere Frauen sagen: Wie kann so eine junge Frau denn so komplexe Personen abbilden? Und was, wenn nicht das, ist der Job einer Autorin, eines Autors?

Ich am Ende war mitgenommen, erfreut und habe mich in jedem Charakter wiederfinden können und fragte mich: Wer bin ich denn jetzt eigentlich?

Miku Sophie Kühmel: Kintsugi, S. Fischer Verlag, 286 S., 21 Euro.

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