Zarter Schmelz“, Ralf Königs Hommage an Lucky Luke, besprochen von Andreas Gebhardt.
Zu den Helden meiner Jugend zählten weniger Superman und Batman als vielmehr Donald Duck, Asterix, Isnogud der Großwesir– und natürlich – Lucky Luke, der poor lonesome Cowboy. Niemand hat den Wilden Westen jemals origineller und lustiger aufs Korn genommen als der belgische Zeichner Morris, der die besten seiner Stories mit dem großen Asterix-Szenaristen René Goscinny schuf.
Der Mann, der schneller zielt als sein Schatten, reitet jedenfalls schon seit 1946 mit seinem klugen Pferd Jolly Jumper dem Sonnenuntergang entgegen. Seit dem 70. Geburtstag erscheinen Hommage-Bände von verschiedenen Künstlern, die Lucky Luke jeweils ganz auf ihre Weise interpretieren. Ralf König, der seit den 1980er Jahren mit seinen Schwulcomix Furore macht und zu den bekanntesten deutschen Comic-Zeichnern zählt, hat ihm nun das jüngste Denkmal gesetzt. „Zarter Schmelz“ heißt seine ganz persönliche Liebeserklärung an den berühmten Cowboy.
Zwei schwule alternde Westmänner erinnern sich etwas wehmütig, wie Lucky Luke sie einst zusammengebracht hat: Brokeback Mountain in Straight Gulch. Im dortigen Jobcenter übernimmt Lucky Luke ein kleines Himmelfahrtskommando: Er soll einige traumatisierte lila Milchkühe in ein fruchtbares Tal führen, auf dass sie nach der anstrengenden Reise im Viehwaggon von den Schweizer Almen und durch die staubigen Prärien endlich zur Ruhe kommen und nicht gleich gebutterte Milch für die zart schmelzenden, langsam zu lutschenden und auf der Zunge zergehenden Pralinen geben (ein Schelm, der Böses dabei denkt). Luke engagiert also die draußen wartende geächtete schwule „Steckrübe“ Bud, um mit ihm die Kühe ins Butterblümchen Tal zu bringen. Dort erzählt Bud nachts im Zelt von seiner (noch) unerfüllten Cowboyliebe… Natürlich haben die bescheuerten Daltons ihren Auftritt, dann die ewig fluchende, aber herzensgute Calamity Jane und die beiden Indianer Sitting Butch und Buffallo Bitch. Wer jetzt allerdings auf wild rammelnde Cowboys im Outback gehofft hat, wird enttäuscht sein. König spielt originell mit dem Mythos Lucky Luke. Es treten keine Kopfgeldjäger auf, dafür aber Autogrammjäger, die ganz wild darauf sind, sich ihre Heftchensammlungen signieren zu lassen, während Jolly Jumper es nicht erwarten kann, sich endlich mal in einem Gestüt auszutoben. So geht dann doch jeder seinen besonderen Gelüsten nach. Nur Lucky Luke verschwindet – wie könnte es anders sein? – im Sonnenuntergang.