Leben voller Widersprüche?

Die Comic-Biografie „Engels – Unternehmer & Revolutionär“, vorgestellt von Andreas Gebhardt

Das Beethoven-Jahr ist wg. Corona ausgefallen. Ein Friedrich-Engels-Jahr hätte wohl auch ohne Corona nicht stattgefunden. Engels, am 28. November 1820 in Barmen (heute Stadtteil von Wuppertal) geboren, spielte hinter dem zwei Jahre älteren Karl Marx immer „nur“ die zweite Geige. Während Marx 2018 riesig gefeiert wurde, hat man von Engels 200 Jahre nach seiner Geburt so gut wie keine Notiz genommen – abgesehen natürlich von seiner Heimatstadt Wuppertal, die ein umfangreiches Engels-Programm auf die Beine gestellt hat.

Und dann ist da noch die Wuppertaler Edition 52 mit ihrem Comic über den großen Sohn der Stadt. Das schmale Paperback widmet sich auf gerade mal 130 kleinformatigen Seiten Leben und Werk des Unternehmers, Philosophen und Lebemanns. Weitere 24 Seiten sind einem gezeichneten Verzeichnis historischer Zeitgenossen und Literaturangaben zur weiteren Inspiration vorbehalten. Das Autorenteam, bestehend aus Christoph Heuer (Zeichnungen und Szenario) und den beiden Szenaristen Fabian W. W. Maruschat und Uwe Garske, wirft sehr konzentrierte biografische Schlaglichter auf Engels‘ Leben und Werk: Kindheit und Jugend im bigott-religiösen Elternhaus, erste Aufmüpfigkeiten, Redakteur der Rheinischen Zeitung, wo er Marx kennenlernt, als Teilhaber der Fabrik seines Vaters in Manchester, der Schriftsteller, das Elend der Arbeiter, aber auch Liebe, Laster, Leidenschaften usw. These, Antithese, Synthese, revolutionäre Dialektik. Es ist kein chronologischer Abriss, die Story springt hin und her und bettet Engels‘ nur vordergründig widersprüchliches Leben in die Zeitumstände ein. Denn Engels, das wird auch auf diesen wenigen Seiten deutlich, war kein abgehobener Intellektueller, sondern ein Mann der Erfahrung, der gerade aus der unmittelbaren Anschauung heraus seine revolutionäre Weltsicht entwickelte und diese gemeinsam mit Marx formulierte.

Das Buch bewegt sich mit detailreichen Schwarz-Weiß-Panels und einer losen Erzählstruktur zwischen Sachcomic und Graphic Novel, wobei es den Autoren auch noch gelingt, die Aktualität von Engels‘ Denken für die Gegenwart aufzuzeigen. Das ist nicht wenig für die wenigen Seiten.

Christoph Heuer, Fabian W. W. Maruschat, Uwe Garske: Engels. Unternehmer & Revolutionär. Edition 52, Wuppertal 2020, 154 S., 18 Euro.

Nach oben scrollen