Gegen Sprachverhunzung, Indoktrination und falsches Denken

Daniele Dell’Agli über „Genug gegendert“ von Thomas Kubelik

Nun ist auch der Duden eingeknickt: Zumindest in der Online-Ausgabe werden nach und nach 12.000 Personen- und Berufsbezeichnungen geändert und das generische Maskulinum faktisch ausgemerzt. Wörter wie Lehrer, Mieter, Sportler, Politiker sollen nicht länger geschlechtsneutral gebraucht werden, sondern nur noch männliche Träger dieser Funktionen bezeichnen. Mit dieser gravierenden Umdefinition eines grammatikalischen Geschlechts zu einem biologischen Attribut beugt sich der Duden dem Druck des Gendermainstreaming, obwohl seine Aufgabe darin besteht, die Änderung von Sprachgewohnheiten abzubilden und nicht der deutschen Sprachgemeinschaft, die seit Jahrzehnten in allen Umfragen den sinnwidrigen und stilistisch verheerenden Gendersprech zu über 80 Prozent ablehnt, autoritär vorzuschreiben, wie sie Sprache zu benutzen hat.

Ob der Protest namhafter Sprachwissenschaftler – man recherchiere im Netz die einschlägigen Artikel, etwa von Peter Eisenberg, Elisabeth Leisss oder Ewa Trutkowski – Wirkung zeigen wird, darf bezweifelt werden. Dringend geboten wäre eine gemeinsame Initiative von Linguisten und Literaturwissenschaftlern zusammen mit Schriftstellern und all den Journalisten, die sich den gesinnungspolizeilichen und im Kern verfassungswidrigen Vorschriften noch nicht unterworfen haben. Die besten Argumente gegen die Sprachdiktate der Genderfunktionäre findet man in dem zuerst 2013 erschienenen Buch des Wiener Germanisten Tomas Kubelik „Genug gegendert“, das ungeachtet seines etwas reißerischen Titels mit wissenschaftlicher Akribie aber frei von akademischem Fachjargon alle relevanten Aspekte der Problematik beleuchtet und anhand zahlreicher Beispiele den ganzen Wahnsinn der schleichenden Sprachverhunzung überzeugend vorführt. Dass sein glänzender Essay weder in einem der großen tonangebenden Verlage erscheinen konnte noch im Feuilleton rezensiert wurde, sagt bereits alles über den Stand des leitkulturell herrschenden Konformitätsdrucks aus.

Kubelik begnügt sich in seiner Analyse jedoch nicht mit dem Nachweis, dass die meisten neu eingeführten Sprachregelungen weder praktikabel noch wünschenswert, weil sinnentstellend sind; dass sie zwangsläufig und krampfhaft die Aufmerksamkeit vom Inhalt einer Aussage ablenken (weswegen sie privat auch von niemandem beachtet werden); und dass sie zugleich wie ein linguistisches Kopftuch diskriminierend auf das weibliche Geschlecht verweisen. Er zeichnet darüber hinaus das komplexe Bild eines Kulturkampfs, dessen Tragweite über Fragen der Umgangsformen weit hinausreicht und macht deutlich, dass hier eine kleine elitäre Minderheit dabei ist, die deutsche Sprache im Dienst einer Umerziehung des Volkes auf ähnlich manipulative Weise zu deformieren wie zuletzt die kulturpolitischen Kader des Stalinismus in der DDR. Und dies alles ausgehend von der mittlerweile nicht mehr haltbaren Prämisse, man müsse angesichts der angeblich anhaltenden Benachteiligung der Frauen auch sprachlich für ihre sichtbare Gleichstellung sorgen. In Wahrheit sorgen die selbsternannten feministischen Sprachwächter nur für eine Fortdauer ihrer Existenzberechtigung.

Tomas Kubelik, Genug gegendert. Eine Kritik der feministischen Sprache. Format Verlagsgruppe Gera, 175 Seiten, 14,90 Euro.

Einen unterhaltsamen Einblick in Kubeliks Arbeit gibt sein brillanter Vortrag auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=Ri-kVYDTEAk

Und beim Verein deutsche Sprache kann man sich an einer Petition gegen die feindliche Übernahme des Duden beteiligen:

https://vds-ev.de/allgemein/aufrufe/rettet-die-deutsche-sprache-vor-dem-duden/

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