Ein Fein-Geist des Comics

Andreas Gebhardt über eine neue Monografie zum Comic-Künstler Will Eisner

Mit Will Eisner wird in Deutschland endlich einer der größten und produktivsten Künstler des grafischen Erzählens mit einer opulenten Monografie bedacht. Verfasser ist der Comic-Forscher und Künstler Alexander Braun, der seit Jahren mit großen Ausstellungen zur Geschichte des Comics und herausragenden Werkausgaben von amerikanischen Comic-Klassikern wie „Little Nemo“ oder „Crazy Cat“ die Neunte Kunst untersucht und angemessen würdigt.

Eisner, 1917 in New York geboren und 2005 in Miami gestorben, hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der Comic den Weg aus der „Schmuddelecke“ herausfand und als literarisch ernsthafte, eigenständige wie anspruchsvolle Kunstform anerkannt wird. Das Stichwort lautet „Graphic Novel“ – so bezeichnete Eisner seine 1978 erstmals in den USA veröffentlichte Bilderzählung „Ein Vertrag mit Gott“, in der er Schicksale von Bewohnern einer New Yorker Straße schilderte. Mit diesem sequentiellen Roman nahm er sich als Autor und Zeichner alle künstlerischen Freiheiten und überwand die engen Grenzen, die ihm die Produktion von Comic-Strips in Heften und Zeitungsbeilagen auferlegte.

Eisners Karriere begann 1940 mit „Der Spirit“. Das Einzige was diesen untypischen Superhelden mit Superman und Co verbindet ist eine dezente Augenmaske. Ansonsten setzt dieser Feingeist Witz, Verstand und menschliche Muskelkraft ein, um seine Gegner zur Strecke zu bringen. Eisner lotete hier bereits experimentell die erzählerischen Möglichkeiten des Comic-Strips mit aufwendigen Titelseiten, filmischen, Schnitten, überraschenden Seitenkompositionen und Plots aus. Diese wegweisenden Innovationen, die er in den kommenden Jahren immer weiter verfeinerte, wurden erst Jahrzehnte später wirklich anerkannt. Alexander Braun hat nicht nur den umfangreichen und erhellenden Text verfasst, er hat das großformatige, mit vielen Abbildungen ausgestattete, zudem exzellent gestaltete und spottbillige Buch auch selbst gestaltet. Braun wirft Streiflichter auf Eisners bewegtes Leben und präsentiert sein umfassendes Werk aus allen Schaffensperioden. So beleuchtet er etwa Eisners jüdische Herkunft und seinen Werdegang als Künstler, seine Stellung im Comic im Laufe der Jahrzehnte und bettet den „Graphic Novel Godfather“ in die Kunst-, Kultur-, und Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts ein.

Will Eisner – Graphic Novel Godfather. Avant-Verlag, Format: 25X32 cm, 384 Seiten, 39 Euro.

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